Kann das neue Geld aus dem Internet unser Zusammenleben verändern?

Dass Bitcoin eine technische Innovation ist, die den Zahlungsverkehr revolutionieren kann, ist kein Geheimnis. Aber welcher Einfluss hat er auf unsere Gesellschaft?

Kann das neue Geld aus dem Internet unser Zusammenleben verändern?

In unseren vorangegangenen Beiträgen haben wir bereits beschrieben, wie sich Bitcoin auf verschiedene Bereiche unseres Lebens auswirken kann, bzw. es schon tut. In der Betrachtung der psychologischen Dimension von Bitcoin, haben wir uns mit dem Einfluss auf die Einstellung der Menschen zu Geld beschäftigt. Als wir uns mit der wirtschaftlichen Perspektive beschäftigt haben, haben wir festgestellt, wie schnell Bitcoin eine relevante Rolle im globalen Wirtschaftssystem eingenommen hat. Die technische Sicht hat uns gezeigt, was die wahre Innovation von Bitcoin ist. Und im Artikel zur der ökologischen Sichtweise auf Bitcoin haben wir uns die Frage gestellt, ob Bitcoin auf lange Sicht dem Klima schadet.

All diese Perspektiven waren wichtig, um sich nun mit der Frage zu beschäftigen, welchen Einfluss Bitcoin auf die Entwicklung der Gesellschaft haben könnte (bzw. heute bereits hat). Wenn Bitcoin in so vielen Lebensbereichen Auswirkungen auf uns hat, sollte sich auch die Gesellschaft über die Zeit verändern. Wir werfen einen Blick auf die zukünftigen Chancen und Risiken für eine Gesellschaft, in der die Adaption von Bitcoin stetig voranschreitet. Wie kann Bitcoin Korruption und Ungleichheit bekämpfen? Wieso führt Bitcoin zurück zu mehr Eigenverantwortung? In der heutigen Etappe unserer BitcoinReise geht es um uns alle.

Transparenz führt zu weniger Korruption

Armut steht in direkter Korrelation zu Korruption. Mehrere Studien haben ermittelt, dass in Ländern mit hohem Korruptionswahrnehmungsindex ein grosser Teil der Bevölkerung unter der Armutsgrenze liegt. So leben beispielsweise in Syrien 83% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Gleichzeitig liegt Syrien auf dem vorletzten Platz im weltweiten Index der wahrgenommenen Korruption. Beim Spitzenreiter im Korruptionswahrnehmungsindex Dänemark hingegen leben lediglich 13% der Menschen unter der Armutsgrenze.

Bitcoin könnte eine Lösung gegen anhaltende Korruption sein. Das liegt in der Natur des pseudonymen Zahlungsnetzwerk. Wie in unseren Videos zu den Grundlagen von Bitcoin bereits aufgezeigt, ist Bitcoin keinesfalls anonym. Eine Adresse besteht aus einer Abfolge von Zahlen und Buchstaben, die zunächst keinen Rückschluss auf den Inhaber zulassen.

Durch gesetzlichen Zwang oder durch KYC-Verfahren (Know Your Customer) von Kryptobörsen kann aber eine Adresse einer Person oder Organisation zugeordnet werden. Ist das der Fall, kann über das einsehbare ‚Kassenbuch‘ des Bitcoin Netzwerks (sogenannte Blockchain) jede Transaktion im Zusammenhang mit dieser Adresse nachvollzogen werden.

Würden staatliche Akteure Transaktionen in Bitcoin verwenden, könnten die staatlichen Adressen im Sinne der Bürger offengelegt werden, sodass Geldflüsse öffentlich einsehbar sind. Das würde die Möglichkeit von Korruption stark einschränken. Gleichzeitig könnten Kosten und Risiken, die bei der Überwachung des Finanzsystems entstehen, durch die neu entstandene Transparenz verringert werden.

Welche Gefahren sehen Kritiker?

Staat wird instabil

Kritiker behaupten, dass wenn der Staat die Kontrolle über das Geld verliert, der Staat instabil wird. Begründet wird dies in einer verringerten Möglichkeit zur Umverteilung von Geldern. Diese Behauptung ist zunächst mal nicht zutreffend. Nur weil wir Bitcoin anstatt Fiatgeld als Zahlungsmittel nutzen, fallen Steuern und Sozialabgaben nicht einfach weg. Menschen werden nach wie vor in staatlichen Rechtssystemen leben, in denen bestimmte Abgaben verpflichtend sind.

In einem Bitcoin-basierten Finanzsystem würde allerdings tatsächlich etwas wegfallen, nämlich die Steuerungsmöglichkeit des Staates (bzw. der Zentralbanken im staatlichen Auftrag). Dabei wird mit Rettungspaketen versucht, in einer Rezession Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten und Innovation zu fördern – meist auf Kosten der Allgemeinheit.

Es ist kein Geheimnis, dass Bitcoiner in der Regel eher wirtschaftsliberal ausgerichtet ist. Das bedeutet, dass staatliche Eingriffe in die Wirtschaft vorwiegend abgelehnt werden und auf die selbstregulierenden Kräfte eines freien Marktes vertraut wird. Diese Einstellung begründet sich in der Tatsache, dass auch Bitcoin sich selbst reguliert. Zusätzlich wird laut dem geistigen Vater des Wirtschaftsliberalismus Adam Smith

„durch die Verfolgung der eigennützigen Ziele der einzelnen Menschen nach Gewinn und Wohlstand gleichzeitig dem Wohl der Gesellschaft gedient, auch ohne dass dies beabsichtigt ist“.

Die staatlichen Eingriffe und der Interventionismus sind also in den Augen der Befürworter von Bitcoin ein Grund, weshalb die Notwendigkeit nach weiteren Eingriffen überhaupt erst entsteht.

Bitcoin sind ungleich verteilt

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Bitcoin heute ungleich verteilt sind. Es ist richtig, dass ein grosser Teil der Bitcoin Bestände sich noch bei Walen oder Early Adoptern befinden. Mit zunehmender Adaption, wird hier jedoch ein Gleichgewicht entstehen. Der Trend ging bereits in den vergangenen 14 Jahren ganz klar zur gleichmässigeren Verteilung von Bitcoin. Siehe dazu auch unser Artikel über den Cantillon-Effekt.

Die Statistiken der Kritiker sind meist ungenügend recherchiert. Oftmals beinhalten diese auch die Börsenwallets. Börsen halten jedoch unter Umständen Bestände von Millionen von Kunden unter einer einzigen Adresse. Die reichste Wallet im Bitcoin Netzwerk gehört der Börse Binance und hat Kontrolle von ca. 250'000 Bitcoin im Wert von mehr als 4 Milliarden Dollar.

Fehlende Kontrolle

Ein weiterer oft angebrachter Kritikpunkt ist die fehlende Kontrolle. Bitcoin Transaktionen sind nicht zensierbar. Niemand kann also eine bestimmte Transaktion verhindern. Natürlich kann man hier auch den Bogen zu Themen wie Drogenhandel und Terrorfinanzierung schlagen. Fehlende Kontrolle kann zu kriminellen Handlungen führen.

Es sollte allerdings auch bedacht werden, dass alle Bitcoin Transaktionen öffentlich sind und nachverfolgt werden können. In Gerichtsverfahren können Personendaten von Kryptobörsen eingeholt werden, wodurch sich Bitcoin-Adressen Personen zuordnen lässt. Eine Ermittlungsbehörde hat dann ein leichtes Spiel. Wer also auf den Rechtstaat vertraut, sollte auch kein Problem mit einem offenen Zahlungsnetzwerk haben.

Zusätzlich konnten sich dank Bitcoins Zensurresistenz beispielsweise Wikileaks oder die Trucker in Kanada mit Spenden und Geldmitteln versorgen, ohne dass private Firmen oder der Staat eingreifen konnten. Auch gibt es Menschen, die dank Bitcoin aus der Ukraine flüchten konnten – ohne dass ihr Vermögen konfisziert werden konnte.

Die Auswirkungen auf unser Zusammenleben

Wie bereits angesprochen, führen fehlende Eingriffsmöglichkeiten des Staates und damit die Unmöglichkeit zur Inflation der Geldmenge zu einem anderen Wirtschaftssystem. Mit einem ‚harten‘ Geld wie Gold oder Bitcoin wären Investitionen und Käufe eine bedeutend wichtigere Entscheidung. Dies würde vielleicht zu Investitionen in nachhaltigere, qualitativ hochwertige Dinge führen. Die Einstellung der Menschen könnte sich in Richtung einer niedrigeren Zeitpräferenz und weg von kurzfristigen Trends verschieben. Weg vom Überkonsum, der auch ein Grund für die Belastung und Verschmutzung unseres Planeten ist – hin zur Nachhaltigkeit, die ein Zusammenleben aller verbessert.

Ebenso würde der Grad an Eigenverantwortung zunehmen. Allein das Halten und Aufbewahren von Bitcoin erfordern ein höheres Mass an Verantwortungsbewusstsein als ein Bankkonto.

Fazit

Bitcoin könnte viele Interessante Einflüsse auf unser soziales Zusammenleben haben. Allen voran könnte entgegen der oft propagierten Meinung unser Klima durch die vorgegebene Geldpolitik von Bitcoin positiv beeinflusst werden.

Transparenz und weniger Aufsicht über Aufbewahrung und Transaktionen führen zu einer erhöhten Eigenverantwortung im Umgang mit Geld und zu einer besseren Kontrolle staatlicher Akteure im Hinblick auf Korruption. Liberale Ansichten könnten ebenfalls einen Aufschwung erfahren.

Wichtig bleibt: Eine Gesellschaft muss sich verständigen und sich über zukunftweisende Themen austauschen. Lagerbildung und das Beharren auf der eigenen Meinung lösen immer Spaltung aus.

Auf der BitcoinReise ist allerdings jeder Willkommen.

Geniess die BitcoinReise und bis zum nächsten Mal.