Kann Bitcoin auf 0 fallen?

Kann Bitcoin wertlos werden? Die kurze Antwort: Ja. Für die lange Antwort musst du seinen eigentlichen Wert und die Gesetze des Marktes verstehen.

Kann Bitcoin auf 0 fallen?

Bitcoin kann auf 0 fallen.

Ja, du hast richtig gelesen: Bitcoin könnte komplett wertlos werden.

Doch bevor du gleich all deine Coins verkaufst: Die Wahrscheinlichkeit dafür ist äusserst gering. Eine Studie des National Bureau of Economic Research schätzt sie auf 0,4%.

Wie die Forscher darauf gekommen sind?

Das erfährst du hier. Ich zeige dir zwei Szenarien, in denen Bitcoin tatsächlich auf 0 fallen kann.

Warum hat Bitcoin einen Wert?

Um zu verstehen, wie Bitcoin wertlos werden könnte, musst du zuerst verstehen, warum er überhaupt einen Wert hat. Und dazu musst du wissen, was Geld ist und wie es erzeugt wird.

Lass es mich dir kurz und prägnant erklären.

Geld hat drei Hauptfunktionen:

  • Tauschmittel
  • Recheneinheit
  • Wertspeicher

Ein Geld soll also von einer Vielzahl von Menschen akzeptiert werden, es soll möglich sein, Preise zu vergleichen, und es soll seine Kaufkraft über die Zeit bewahren.

Der Euro und der Schweizer Franken erfüllen die ersten beiden Funktionen ziemlich gut. Du kannst im Supermarkt damit bezahlen, und die Preise sind in der jeweiligen Währung ausgedrückt. Doch die dritte Funktion, der Wertspeicher, trifft nicht zu – zumindest nicht auf lange Sicht.

Warum?

Weil Zentralbanken nach Belieben Geld erschaffen können. Bildlich gesprochen müssen sie dafür lediglich einen Knopf drücken.

Die Kaufkraft von traditionellen Währungen schmilzt Jahr für Jahr dahin. Ein Big Mac, der vor 40 Jahren noch $1,60 kostete, gibt es heute kaum unter $5,69 zu haben. Und das, obwohl er kleiner geworden ist. Das liegt nicht daran, dass McDonalds ein böses Unternehmen ist, sondern weil die Kaufkraft des Dollars ständig verwässert wird – weil Zentralbanken immer mehr Geld in den Umlauf bringen.

Bitcoin setzt genau hier an.

Big Mac Preis in USD und BTC
Big Mac Preis in USD und BTC

Seine Geldmenge ist auf 21 Millionen begrenzt. Und niemand kann mehr davon erzeugen. Kein Staat, keine Zentralbank und auch nicht sein Gründer Satoshi Nakamoto.

Durch sein festes Limit eignet er sich hervorragend als langfristiger Wertspeicher.

Mit anderen Worten: Bitcoin könnte nur wertlos werden, wenn er sein Versprechen nicht mehr hält, wenn er seine Knappheit verliert oder wenn er seine Unabhängigkeit aufgibt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert, ist jedoch extrem gering. Denn Bitcoin ist ein Netzwerk aus tausenden Computern. Es gibt keinen Single Point of Failure.

Nur ein mögliches Desaster könnte ich mir vorstellen.

Black Swan

Der Begriff geht auf den Autor und ehemaligen Finanzmathematiker Nassim Taleb zurück.

Jahrhundertelang waren die Menschen davon überzeugt, dass alle Schwäne weiss sind. Schwarze Schwäne galten als unmöglich – bis man in Westaustralien plötzlich welche entdeckte.

Heute beschreibt ein Black Swan ein Ereignis, das unvorhersehbar und extrem selten ist. Gleichzeitig hat es massive Auswirkungen.

Übertragen auf Bitcoin bedeutet das: Es müsste ein Ereignis auftreten, das das Vertrauen in Bitcoin komplett zerstört. Ein staatliches Verbot? Ein leistungsstarker Quantencomputer? Oder ein globaler Blackout? Nein, über diese Risiken habe ich bereits Beiträge geschrieben. Sie könnten Bitcoin nicht auslöschen.

Es müsste eine noch grössere Katastrophe sein. Vielleicht ein technologisches Verfahren, das asymmetrische Kryptografie knacken lässt. Oder ein schwerwiegender Fehler im Code, den niemand für möglich hielt.

Beides klingt vage. Und genau das ist der Punkt. Würden wir es konkret benennen können, wäre es per Definition kein Black Swan.

Kann Bitcoin durch ein solches Ereignis wirklich auf 0 fallen?

In der Theorie ja. Praktisch ist es jedoch so unwahrscheinlich, dass man es fast vernachlässigen kann. Ein anderes Szenario ist weitaus greifbarer:

Marktmechanik und Panik

Die Auswirkungen davon wurden vom National Bureau of Economic Research untersucht. Die Forscher schauten sich die Bitcoin-Preise vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2018 an und analysierten die Renditen sowie die Volatilität. Mit mehreren mathematischen Modellen (die sich sehr klug anhören, ich aber selbst nicht wiedergeben könnte) berechneten sie die Wahrscheinlichkeit, dass Bitcoin innerhalb eines Tages auf 0 fällt. Das Ergebnis? 0,4%.

Wie genau dieses Resultat heute noch ist, sei mal dahingestellt. Schliesslich sind unterdessen über sieben Jahre vergangen, in denen der Preis nicht komplett zusammengebrochen ist.

Dennoch stellt sich die Frage: Wie könnte ein Zusammenbruch konkret eintreffen?

Um das zu verstehen, musst du wissen, wie Börsen funktionieren. Jede Börse arbeitet mit einem Orderbuch. Stell es dir wie eine lange Liste vor. Auf der einen Seite stehen Kaufaufträge (Buy Orders), auf der anderen Verkaufsaufträge (Sell Orders).

Wenn du Bitcoin kaufen willst, brauchst du jemanden, der ihn verkauft. Normalerweise finden sich Käufer und Verkäufer in der Mitte. Dort, wo sich Angebot und Nachfrage treffen.

Das ist der Marktpreis.

Doch was passiert, wenn plötzlich alle verkaufen wollen? Dann rutscht der Preis im Orderbuch immer weiter nach unten, bis er wieder auf eine Kauforder trifft.

Ein Beispiel: Du bist auf dem Wochenmarkt und siehst einen Händler, der Tomaten verkauft. Da der Markt bald schliesst, möchte er sie noch loswerden. Der Händler schreit: "5 Euro das Kilo!" Keiner meldet sich. Er brüllt weiter: "4 Euro!" Und dann: "3 Euro!“. Doch noch immer kauft keiner. Erst als der Händler „1 Euro!“ ruft, greift ein Kunde zu. Obwohl die Tomaten noch genau gleich gut sind, ist der Preis eingebrochen – einfach, weil gerade niemand mehr bezahlen wollte.

So ähnlich kann es auch an Börsen passieren. Und der Corona-Crash zeigte dies. Die Liquidität war in den Orderbüchern einiger Börsen so niedrig, dass der Bitcoin-Kurs dort fast auf 0 gefallen wäre.

Kann Bitcoin wertlos werden?

Zugegeben: Selbst in diesem Szenario ist es extrem unwahrscheinlich, dass Bitcoin wirklich auf 0 fällt.

Denn im Orderbuch stehen immer irgendwo Kaufaufträge. Manche Trader platzieren aus Spass winzige Kauforders, beispielsweise für 0,01 Dollar. Das heisst: Sollte Bitcoin jemals ins Bodenlose stürzen, würde er spätestens dort aufgefangen werden.

Mit einem Augenzwinkern könnte man die Frage "Kann Bitcoin komplett wertlos werden?" also wie folgt beantworten:

Nein, auf 0 fällt Bitcoin nicht.

Vielleicht auf 1 Cent. Aber selbst das wäre fast unmöglich. Und vor allem würde sich der Preis in kurzer Zeit wieder erholen, wenn sich an den Eigenschaften von Bitcoin nichts geändert hätte.

Das grössere Risiko liegt ganz woanders, und es ist hundertmal realer: unsere traditionellen Währungen. Wenn sie weiter von Zentralbanken gedruckt werden, werden sie weiter inflationieren. Und wenn sie weiter inflationieren, werden sie irgendwann nichts mehr wert sein.

Bitcoin bleibt in der Zwischenzeit ein geniales Werkzeug, um sich gegen diese Bedrohung abzusichern.