Bitcoin vererben: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung
Was passiert mit deinen Bitcoin, wenn du stirbst? Können deine Erben auf das digitale Vermögen zugreifen? Wahrscheinlich nicht. Deshalb ist hier eine einfache Anleitung, wie man Bitcoin vererbt.
Stell dir vor:
Du fährst auf der Autobahn und dir kommt plötzlich ein Falschfahrer entgegen. Du möchtest gerade noch ausweichen, aber es ist bereits zu spät. Mit 120 km/h stösst du frontal in das entgegenfahrende Auto.
Du stirbst noch an der Unfallstelle.
Glaubst du, dass deine Erben in dieser schmerzlichen Zeit fähig sein werden, sich in die komplexe Bitcoin-Welt einzulesen? Glaubst du, deine Erben wissen, wie und wo du deine Coins aufbewahrt hast?
Ich bin überzeugt, dass das ohne einen entsprechenden Nachlassplan nicht der Fall sein wird.
Vermutlich werden deine Erben nie auf dein digitales Vermögen zugreifen können.
Niemand denkt gerne über seinen eigenen Tod nach. Aber wenn du nicht möchtest, dass dein digitales Vermögen verloren geht, musst du dich noch zu Lebzeiten mit der Vererbung deiner Bitcoin auseinandersetzten.
Hier ist deshalb eine einfache Schritt-für-Schritt-Anleitung, die jeder befolgen kann.
Schritt 1: Bewahre deine Bitcoin sicher und zugänglich auf
Schritt 2: Dokumentiere alles (indem du ein Inventar erstellst)
Schritt 3: Notiere dir vertrauenswürdige Personen
Schritt 4: Fasse alles in einem Brief an deine Erben zusammen
Schritt 5: Überprüfe regelmässig deinen Nachlassplan
Wie du dich noch weiter informieren kannst
Schritt 1: Bewahre deine Bitcoin sicher und zugänglich auf
Ziel sollte es sein, dass deine Erben zu gegebener Zeit auf dein digitales Vermögen zugreifen können. Nicht aber vorher! Die grösste Herausforderung besteht also darin, eine Balance zwischen Sicherheit und Zugänglichkeit zu finden.
Womöglich haben deine Nachkommen keine Ahnung von Bitcoin.
Sie wissen nicht, wie man die Coins wiederherstellt, geschweige denn Transaktionen durchführt.
Falls du entsprechend mehrere Wallets besitzt und unterschiedliche Aufbewahrungslösungen verwendest, reduziere das Ganze. Deine Erben werden mit nur einer Multisig-Lösung oder einer einzigen Hardware-Wallet besser klar kommen als mit zwei Hardware-Wallets mit Passphrase, einer Software-Wallet mit Zwei-Faktor-Authentifizierung, drei Hardware-Wallets ohne Passphrase, zwei unterschiedlichen Multisig-Lösungen und einem Shamir's Secret Sharing Schema.
Genauso ist es für die Hinterlassenen einfacher, wenn sich die 24 Seed-Phrase Wörter in einem Schliessfach bei der Bank oder in einem Safe bei dir zu Hause befinden, als irgendwo im Garten vergraben oder aufgeteilt in mehrere Länder.
Wähle eine möglichst einfache und sichere Lösung, mit der du dich wohl fühlst und die deine Erben nicht komplett überfordern würde.
Egal, wie diese Konstellation aussieht, wichtig ist der nächste Schritt.
Schritt 2: Dokumentiere alles (indem du ein Inventar erstellst)
Hast du Wallet-Apps auf deinem Handy installiert? Dann notiere sowohl Marke und Modell des Smartphones als auch die Namen der Apps und den Aufbewahrungsort der Zugangsinformationen. Gleiches gilt für potenzielle Wallets auf dem Computer.
Befinden sich noch digitale Währungen auf den Börsen? Schreibe den Namen der Börse, den Speicherort der Anmeldedaten und falls vorhanden die Details der Zwei-Faktoren-Authentifizierung auf.
Nun fehlt wahrscheinlich noch der grösste Bitcoin-Schatz, der sich in einer oder mehreren Hardware-Wallets befindet. Hier solltest du einerseits die Marke und das Modell notieren. Und andererseits sowohl den Aufbewahrungsort des Geräts, den Ort des Gerätepassworts, als auch den Ort der Seed-Phrase. Falls du eine Passphrase (oder eine andere Aufbewahrungslösung) nutzt, gehören diese Informationen ebenfalls auf die Inventarliste.
Grundsätzlich rate ich dir, keine konkreten Bitcoin-Beträge aufzuschreiben. Denn diese können schnell veraltet sein.
Keine Sorge!
Ich werde dir in Schritt 4 ein Tool zeigen, das du als Checkliste verwenden kannst. Damit stellst du sicher, dass wirklich alles dokumentiert ist.
Zuerst kommt aber Schritt 3.
Schritt 3: Notiere dir vertrauenswürdige Personen
Versetze dich zurück an deine Anfänge mit Bitcoin: Erinnerst du dich, wie stressig es war, eine Wallet einzurichten und die erste Transaktion zu versenden? Ich persönlich hatte grosse Angst davor, einen Fehler zu machen und meine Satoshis zu verlieren.
Deinen Erben wird es ähnlich ergehen – nur das sie vielleicht gar kein Vorwissen über Bitcoin haben.
Überlege dir, welche Personen sich mit Bitcoin auskennen und die Hinterlassenen unterstützen würden. Sei dir sicher, dass du diesen Personen zu 100% vertrauen kannst. Das können Familienmitglieder oder enge Freunde sein. Schreib die Namen der Vertrauenspersonen inklusive Telefonnummern, E-Mail-Adressen und weitere Kontaktdaten auf.
Besser ist es natürlich, wenn du deine Erben noch zu Lebzeiten über Bitcoin aufklärst. Dann würde dieser Schritt entfallen.
Gratuliere!
Nun hast du bereits alle Details beieinander.
Mit diesen Informationen sollten deine Erben in der Lage sein, nach deinem Tod auf dein Bitcoin-Vermögen zuzugreifen.
Zwei Schritte fehlen aber noch.
Schritt 4: Fasse alles in einem Brief an deine Erben zusammen
Du musst sicherstellen, dass alle Informationen an deine Erben gelangen. Am einfachsten ist es mit einem Brief.
Dazu kann ich dir das Nachlasstool von Marc Steiner empfehlen.
Mit ein paar Klicks kannst du deinen individuellen Nachlassbrief erstellen und auf reiss- und wasserfestem Papier ausdrucken. Sensible Informationen trägst du anschliessend handschriftlich ein.
Bitte beachte: Auf dem Nachlassplan von Marc Steiner kann man die Seed-Phrase Wörter, PINs und Passwörter aufschreiben. Sei dir bewusst, dass jemand, der den Brief findet, deine Bitcoin plündern kann. Alternativ trägt man die Zugangsdaten nicht direkt ein, sondern lediglich den Ort, an dem sie versteckt sind. Ein Angreifer müsste sich also an einem weiteren Ort Zugang verschaffen, um an die Coins zu kommen.
Wie dem auch sei: Sorge dafür, dass der Brief sicher aufbewahrt wird.
Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, deine Erben zu informieren und den Brief zuzustellen.
- Erben noch vor dem Tod selber informieren und gewisse Teile des Briefes mit ihnen teilen.
- Vertrauensperson einbeziehen, die deinen Erben nach dem Tod einen Schlüssel übergibt. Einen Schlüssel, der Zugang zum Nachlassplan gewährt.
- Einen elektronischen Service nutzen, der deine Erben nach dem Tod automatisch mit einem E-Mail informiert (z.B. SecureSafe oder Dead Man's Switch).
- Im Testament erwähnen, wo der Nachlassplan gelagert wird.
Dabei ist keine Lösung perfekt. Jede Möglichkeit birgt ein anderes Risiko.
Überlege dir, welche Informationen du mit wem, wie teilen möchtest. Denn wir alle wissen: Wenn es um ein grosses Vermächtnis geht, kann gerne mal ein Streit zwischen den Erben ausbrechen. Und dann kann man niemandem mehr vertrauen.
Hal Finney schrieb kurz vor seinem Tod:
"My bitcoins are stored in our safe deposit box, and my son and daughter are tech savvy. I think they're safe enough. I'm comfortable with my legacy.”
Selbst der Empfänger der ersten Bitcoin-Transaktion hat seine Bitcoin einfach, sicher und zugänglich aufbewahrt und vererbt.
Fehlt nur noch der letzte Schritt.
Schritt 5: Überprüfe regelmässig deinen Nachlassplan
In Zukunft werden weitere Aufbewahrungslösungen dazukommen und deine individuelle Situation kann sich verändern. Halte deinen Nachlassplan deshalb stets up to date.
Deine Erben werden es dir danken.
Willst du dich noch weiter informieren?
Marc Steiner hat nicht nur das Nachlasstool erstellt, sondern auch ein Buch dazu geschrieben. Es trägt den Titel: Bitcoins verwahren und vererben – Ein praktischer Ratgeber.
Es ist ein tolles Buch, das man zum Brief an seine Erben beilegen kann. Ausserdem behandelt das Buch die Thematik deutlich ausführlicher, als ich es in diesem kurzen Artikel je hätte tun können.
Wenn du es kaufen möchtest, kannst du das in der Schweiz bspw. über den Dezentralshop, und in Deutschland über den Aprycot Media Verlag tun.