Wie Technologien (und Bitcoin) adoptiert werden: Die S-Kurve

Wenn Technologien adoptiert werden, folgen sie immer einem ähnlichen Muster: Ein schleppender Start. Gefolgt von einem rapiden Anstieg. Bis es wieder zu einer Abflachung kommt. Dieses Phänomen nennt sich auch S-Kurve.

Wie Technologien (und Bitcoin) adoptiert werden: Die S-Kurve
"Gradually, then suddenly."

"Erst langsam, dann plötzlich." - Nicht nur ein interessanter Artikel von Parker Lewis, sondern ein Mantra der Bitcoin-Befürworter.

Dabei ist gemeint, dass der Bitcoin Preis auf einmal rapide in die Höhe schiessen wird. CHF 100'000.- für einen Bitcoin können schnell sehr günstig erscheinen. Doch nicht nur der Preis würde stark ansteigen, die Akzeptanz würde ebenfalls einem ähnlichen Muster folgen.

Grund dafür ist ein abstraktes Modell: Die S-Kurve.

Worum es sich bei dieser Kurve genau handelt und was ein Kühlschrank, eine Mikrowelle und die neuartige Währung Bitcoin gemeinsam haben, erfährst du in diesem Beitrag. Zudem zeigen wir dir, wo wir bei der Adoption von Bitcoin gerade stehen.

Ach, und apropos Kühlschrank: Hole dir ein kühles Bier und lehn dich zurück! Wir starten direkt rein.

Die Adoptionskurve nach Rogers

Ein bekanntes Konzept aus dem Marketing ist die Adoptionskurve nach Rogers. Sie beschreibt die Entwicklung von Innovationen und wie sie sich auf einem Markt verbreiten. Wobei Innovationen bspw. Ideen, Dienstleistungen, Produkte oder Technologien sein können.

Eigentlich alles, was ein Markt als neu empfindet.

Dass eine neue Technologie nicht von heute auf morgen akzeptiert wird, liegt nahe. Doch wie kommt es trotzdem zu einer Adoption? Everett Rogers, der lange Zeit Adoptionsforschung betrieben hat, gliedert diesen Prozess in 5 Phasen.

  1. Zuerst musst ein Mensch von einer Innovation erfahren und Wissen darüber aneignen.
  2. Dann bildet er seine eigene Meinung.
  3. Anschliessend entscheidet er sich dafür oder dagegen.
  4. War der Entscheid positiv, implementiert er die Neuerung in sein Leben und nutzt sie.
  5. Und zu guter Letzt sucht er nach Bestätigung und nach Gleichgesinnten.

Dabei kann es zu jeder Phase zum Abbruch der Adoption kommen. Ausserdem nimmt nicht jeder die Innovation zum gleichen Zeitpunkt an. Einige Leute sind risikofreudiger, andere weniger. Einige Leute erkennen die Vorteile früher, andere später. Und einige Leute sind offener gegenüber Neuerungen, und andere skeptischer.

Diese Differenzen lassen sich mit folgendem Graph darstellen:

Die Adoptionskurve

Rogers teilt Adopter in 5 Kategorien ein: Innovatoren, frühe Adoptoren, bzw. Anwender, frühe Mehrheit, späte Mehrheit, und Nachzügler.

Die Kategorien sind dank der Namen wohl selbsterklärend.

Die S-Kurve

Wenn man nun die Adoptionskurve kumuliert, um die gesamte Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt darzustellen, ergibt sich untenstehendes Bild.

Die S-Kurve

Die gelbe Linie ähnelt hierbei einem "S". Deshalb nennt man sie auch "S-Kurve".

Ihr entscheidendes Merkmal ist der extrem langsame, aber dennoch stetige Anstieg zu Beginn. Ab einem gewissen Zeitpunkt verläuft die Kurve dann sehr steil. Manchmal sogar fast vertikal. Das ist der Moment, bei dem die breite Bevölkerung die Innovation annimmt.

Schaut man sich die wichtigsten Technologien des 20. Jahrhunderts an, ergibt sich folgendes Bild:

Die S-Kurve von unterschiedlichen Technologien

Egal, ob Auto oder Kühlschrank; Egal, ob Mikrowelle oder das Internet; Technologien, die heute nahezu universell genutzt werden, folgten alle einem ähnlichen Muster: Ein schleppender Start. Gefolgt von einem rapiden Anstieg. Bis es schlussendlich wieder zu einer Abflachung kommt.

Doch trotzdem gab es Unterschiede in der Geschwindigkeit der Verbreitung. Während in den US-amerikanischen Haushalten das Radio 16 Jahre brauchte, um eine Adoption von 80% zu erreichen, waren es beim Telefon über 60 Jahre.

Warum ist das so?

Welche Faktoren führen zu einer schnelleren Verbreitung?

Natürlich hat Rogers auch auf diese Frage eine Antwort. Hier sind 4 Merkmale und Eigenschaften, die eine Innovation schneller verbreiten lässt.

1. Leichte Verständlichkeit

Je einfacher und weniger erklärungsbedürftig die Technologie ist, desto leichter fällt es den Leuten, sie zu verstehen. Es kann schneller eine eigene Meinung gebildet und ein Entscheid gefällt werden.

2. Niedriges Risiko

Wenn das neue Produkt ausprobiert werden kann, ohne dass der Nutzer ein Risiko eingeht, ist er eher bereit, Erfahrungen damit zu sammeln. Umgekehrt gilt dies ebenso. Ein hohes Risiko verlangsamt die Adoption. So wollten zu Beginn nur vereinzelt Menschen in ein Flugzeug steigen. Klar, die Gefahr eines Absturzes war damals viel zu hoch.

3. Hohe Kompatibilität

Die Erneuerung sollte sich in bestehende Prozesse leicht einfügen lassen. Passt sie in die technologische und gesellschaftliche Entwicklung, wird sie eher angenommen.

4. Klarer Mehrwert

Die Innovation muss tatsächlich innovativ sein. Sprich, einen deutlich sichtbaren oder erlebbaren Mehrwert haben. Ein Bier, das es schafft, selbst im Kühlschrank warm zu bleiben, lässt Herzen wohl kaum höher schlagen.

Wie sieht es nun mit Bitcoin aus?

Eines vorweg: Die S-Kurve wird hauptsächlich bei Technologien beobachtet, die sich bereits durchgesetzt haben und universell eingesetzt werden. Dass Bitcoin (bzw. Lightning) zukünftig eine flächendeckende Adoption erfahren wird, ist keineswegs in Stein gemeisselt.

Bitcoiner sind natürlich überzeugt, dass das dezentrale Geld der neue Standard wird. Dass die Zukunft jedoch ungewiss ist und man sich über diese Betrachtungsweise streiten kann, sollte jedem klar sein.

Mit unserem Beitrag wollen wir lediglich aufzeigen, wie der Übergang von einem Zustand der Null-Akzeptanz zu einer vollständigen Adoption aussehen könnte.

Nun... Wo befindet sich Bitcoin in der Adoptionskurve?

Ich glaube, wir stehen noch ganz am Anfang. Jeder, der sich aktuell mit Bitcoin befasst und diesen Artikel liest, gehört vermutlich zu den Innovatoren.

Lass mich das kurz erklären:

Laut Rogers sind Innovatoren die, die als erstes eine neue Technologie annehmen. 2.5%, wenn man es als Anteil der Bevölkerung ausdrücken möchte.

Wie viele Menschen zum jetzigen Zeitpunkt Bitcoin besitzen, ist nicht genau bekannt. Es gibt lediglich Schätzungen. Wenn man davon ausgeht, dass jede Bitcoin-Adresse mit einem Saldo über 0 eine Person ist, liegt die Adoptionsrate bei ca. 0.6%. So gibt es knapp 50 Millionen Adressen mit einem Bestand von 1 Satoshi oder mehr, und etwa 8 Milliarden Menschen.

Bitcoin-Adressen mit einem Saldo über 0

Klar, die meisten Leute werden wahrscheinlich mehr als eine Adresse haben. Einige sogar über 100. Genauso gibt es jedoch einzelne Adressen, die Bitcoin-Bestände für mehrere Personen halten. So zum Beispiel Börsen oder andere Dienstleister.

Ob die Adoptionsrate in Wirklichkeit bei lediglich 0.1% oder schon bei 1.5% liegt, ist eigentlich irrelevant. Fakt ist: Falls sich Bitcoin als globales Geld durchsetzt, sind wir noch sehr sehr früh dran.

Der Zeitpunkt, an dem die Akzeptanz plötzlich zunimmt

Auch wenn der Preis in den letzten 10 Jahren um den Faktor 200 angestiegen ist, die Realität zeigt, dass sich derzeit nur wenige Menschen mit der Technologie auseinandersetzen.

Und trotzdem:

Einige Anzeichen sprechen bereits dafür, dass Bitcoin bald den Zeitpunkt erreichen könnte, an dem das Wachstum schlagartig zunehmen wird. Die neuen Buchhaltungsregeln und die zahlreichen Spot Bitcoin-ETF-Applikationen in den USA sind nur zwei davon. Zwei, die vermutlich zu einer Zunahme von institutionellen Investoren führen werden.

Ob das allerdings der Wendepunkt ist und schon die Massenadoption von Bitcoin einläutet, steht in den Sternen.

Schliesslich ist Bitcoin nicht so einfach zu verstehen und nicht wirklich kompatibel mit den bestehenden Strukturen. Beides Eigenschaften, die eine Adoption verlangsamen.

Aber genug mit den Spekulationen. Die S-Kurve hat uns gezeigt, dass eine Technologie sehr schnell an Akzeptanz gewinnen kann.

Falls das bei Bitcoin ebenso passieren sollte, wollen wir dabei sein.

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