Ist das Bitcoin Lightning Netzwerk gescheitert?

Das Bitcoin Lightning Netzwerk verliert an Schwung. Ist es gescheitert? Oder steht der Durchbruch noch bevor? Eine ehrliche Analyse mit überraschenden Einsichten.

Ist das Bitcoin Lightning Netzwerk gescheitert?

Etwas stimmt nicht.

Das Lightning Netzwerk – einst gefeiert als Lösung für schnelle und günstige Bitcoin-Zahlungen – scheint an Fahrt zu verlieren. In den letzten sechs Monaten ist die Kapazität von 5'261 BTC auf 3'776 BTC gesunken. Ein Rückgang von fast 30 %. Gleichzeitig ist die Anzahl der Kanäle um knapp 10 % eingebrochen.

Was ist da los? Hat sich die Hoffnung auf ein globales, blitzschnelles Zahlungssystem zerschlagen? Oder ist das nur eine Phase, wie sie jede Technologie durchläuft?

In diesem Artikel schauen wir uns an, was das Lightning Netzwerk überhaupt ist, wie es funktioniert, und warum es derzeit zu kämpfen hat.

Am Ende steht die Frage: Ist Lightning gescheitert?

Was ist das Lightning Netzwerk?

Bitcoin selbst ist grossartig für das, wofür es gebaut wurde: ein sicheres, dezentrales und zensurresistentes Geldsystem.

Doch für alltägliche Zahlungen ist es unpraktisch:

Du willst ein Busticket lösen? Zu langsam.
Du willst einen Kaffee kaufen? Zu langsam.
Du willst deinen Einkauf bezahlen? Zu langsam.

Jede Bitcoin-Transaktion braucht etwa zehn Minuten, bis sie bestätigt ist. Bei hohem Netzaufkommen kann es sogar noch länger dauern. Und die Gebühren? Die schwanken, je nachdem, wie viele gerade das Netzwerk nutzen.

Hier kommt das Lightning Netzwerk ins Spiel.

Es ist ein sogenannter „Layer 2“, der wie eine zweite Schicht auf dem Bitcoin-Protokoll liegt. Dadurch werden blitzschnelle und extrem günstige Transaktionen ermöglicht.

Wie funktioniert das Lightning Netzwerk?

Dazu musst du den Unterschied zwischen Bitcoin und Lightning verstehen.

Stell dir das Bitcoin Netzwerk wie eine grosse Autobahn vor. Jeder will sie nutzen, aber bei hohem Verkehr gibt es Stau (also hohe Gebühren und Wartezeiten). Lightning hingegen baut Seitenstrassen, auf denen du ebenfalls von A nach B fahren kannst. Dazu benötigt es nur einen Anschluss zur Autobahn.

Technisch gesehen funktioniert das über sogenannte Zahlungskanäle.

Zwei Teilnehmer – sagen wir Alice und Bob – öffnen einen Kanal. Sie „parken“ Bitcoin in einem gemeinsamen Vertrag auf der Blockchain. Danach können sie beliebig oft untereinander Werte hin- und herschieben, ohne dass jede Bewegung auf der Blockchain landet. Erst wenn der Kanal geschlossen wird, wird der Endstand on-chain festgehalten.

Es gibt auf der Blockchain entsprechend nur zwei Transaktionen: die Öffnung und Schliessung des Kanals.

Das Geniale daran: Man muss nicht mit jeder Person direkt einen Kanal haben. Wenn Alice mit Bob, und Bob mit Charlie verbunden ist, kann Alice auch Charlie bezahlen. Die Transaktion wird dann über Bob geleitet.

Das Ganze passiert automatisch und in Millisekunden.

Wofür wird Lightning gebraucht?

In der Theorie ist Lightning damit perfekt für kleine Zahlungen: einen Kaffee bezahlen, den Einkauf erledigen oder ein Blog-Beitrag mit einer kleinen Spende unterstützen (bitcoinreise@walletofsatoshi.com) – alles in Echtzeit und für nahezu null Gebühren.

Gerade in Ländern mit schwachen Finanzsystemen oder hoher Inflation kann das Lightning Netzwerk eine echte Alternative sein. Projekte wie Bitcoin Beach in El Salvador oder Bitcoin Ekasi in Südafrika setzen bereits darauf.

Die Realität ist jedoch komplizierter.

Herausforderungen des Lightning Netzwerks

Trotz der Vorteile ist die Nutzung von Lightning noch immer weit von einer Massenadoption entfernt. Warum ist das so?

Hier gibt es zwei wesentliche Ursachen:

1. Es löst für viele kein spürbares Problem

Schnelle und günstige Zahlungen gibt es auch ohne Lightning – ob mit Apple Pay, Twint oder Kreditkarte. Für den Endnutzer funktioniert das reibungslos. Und für Händler? Sie können durch Lightning zwar Geld sparen, der Aufwand ist aber oft grösser als der Nutzen.

Was viele nicht wissen, ist, dass Händler bei Kartenzahlungen 1–3 % an Mastercard oder Visa abdrücken. Diese Gebühren können mit Lightning tatsächlich gespart werden.

Im Gegenzug fallen jedoch andere Kosten an: der technische Aufbau, die Schulung der Mitarbeitenden, die steuerliche Behandlung usw.

Ohne echten Leidensdruck fehlt für die meisten der Anreiz, etwas zu verändern.

2. Die Komplexität

Für den Nutzer ist Lightning einfach: App herunterladen, Satoshis draufsenden, und schon kann man damit bezahlen.

Doch im Hintergrund ist das Zahlungsnetzwerk ziemlich kompliziert: Man braucht eine eigene Node, man muss sich mit Kanalmanagement auseinandersetzen, und man sollte durchgehend online sein.

Wer Lightning selbst betreibt, muss Liquidität bereitstellen – sprich, Bitcoin parken. Dieses Kapital ist gebunden und bringt keine Zinsen. Gleichzeitig sind die Einnahmen durch Routing-Gebühren nur minimal. Für die meisten lohnt sich deshalb Lightning schlichtweg nicht.

Die einzigen Lightning-Node-Betreiber, die ich kenne, machen es aus ideologischer Überzeugung und um ein tieferes technisches Verständnis zu erlangen – nicht aus finanziellem Interesse.

Warum die Kapazität sinkt

Das könnte der Grund sein, weshalb die Kapazität in den letzten sechs Monaten gesunken ist.

Lightning gewann 2021 und 2022 an Aufmerksamkeit und erreichte ein Jahr später seinen Höhepunkt. Zwischenzeitlich waren über 80'000 Kanäle aktiv und über 5'500 Bitcoin eingebunden.

Lightning Netzwerk Kapazität

Seitdem haben viele realisiert, dass das Betreiben einer Lightning-Node mit erheblichen Aufwänden verbunden ist. Konfigurationsfehler und Verbindungsabbrüche können zudem schmerzhafte Verluste zur Folge haben.

Heute sind die Erwartungen realistischer.

43'000 Kanäle sind noch aktiv. Zusammen weisen sie eine Kapazität von 3'800 Bitcoin auf. Zwar ist der eingebundene Wert (gemessen in US-Dollar) höher als vor einigen Jahren, die Anzahl der Kanäle hat allerdings deutlich abgenommen.

Es entsteht der Eindruck, dass sich das Netzwerk zunehmend in den Händen weniger grosser Akteure konzentriert.

Mit dieser Zentralisierungsgefahr stellt sich eine berechtigte Frage:

Ist das Lightning Netzwerk gescheitert?

Meine ehrliche Antwort: Nein, aber es kämpft.

Lightning ist nicht tot, aber es ist auch nicht die universelle Lösung, als die es oft verkauft wurde. Es funktioniert, aber wird von der breiten Masse nicht akzeptiert. Und es ist effizient, aber technisch anspruchsvoll.

Vielleicht wird Lightning nicht das Zahlungssystem für Milliarden von Menschen.
Vielleicht wird Lightning aufgrund einer potenziellen Zentralisierung irgendwann irrelevant.
Und vielleicht wird Lightning von einer anderen Skalierungslösung verdrängt – Stichwort: Fedimint, Cashu oder Ark.

Eine andere Sichtweise könnte sein, dass wir einfach zu früh dran sind.

Die On-Chain-Gebühren und Netzwerkaktivität sind niedrig. Bitcoin ist gerade erst dabei, sich als universeller Wertspeicher zu etablieren. Und genau hier liegt seine Stärke: Es ist die Antwort auf das endlose Gelddrucken der Zentralbanken. Zahlungen kommen später – dann, wenn immer weniger Menschen bereit sind, staatliche, ständig entwertete Währungen zu akzeptieren.

Was ich damit sagen will: Lightning hat vielleicht doch eine Zukunft. Die Skalierungslösung braucht einfach Zeit.


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Egal ob Anfänger oder Profi – dort findet jeder eine passende Lösung.