Die FTX-Saga – Was wir daraus lernen können.
Die FTX-Pleite kommt für viele Nutzer überraschend. Weshalb du nicht überrascht sein solltest und was du für deine Sicherheit tun kannst.
Es ist der 28. September 2022. Der CEO, der zu dieser Zeit drittgrössten Kryptobörse FTX, Sam Bankman-Fried, twittert: „Heads up: rotating a few FTX wallets today (mostly non-circulating); we do this periodically. Might be a few more coming, won’t have any effect.“
So weit so normal. Zu diesem Zeitpunkt hat niemand die Sicherheit und Integrität der besonders bei Tradern beliebten Börse in Frage gestellt. Die Rotation an diesem Tag sorgte für das höchste bewegte Volumen des FTT-Tokens in dessen Existenz. Über 8 Milliarden USD wurden an diesem Tag zwischen FTX-Wallets bewegt.
Doch stimmt das wirklich?
Bei genauerem Hinsehen hätte man erkennen können, dass die grösste Transaktion dieses Tages im Wert von 4,2 Milliarden USD in Wahrheit von Bankman-Fried’s zweiter Firma Alameda Research kam und auf eine Wallet bei FTX eingezahlt wurde.
Alameda Research ist ein Unternehmen, welches sich mit Trading, Venture Capital- und Seed Investments im Crypto-Bereich beschäftigt. Die Firmen waren von Beginn an eng verkoppelt und selbst wenn jemand die Transaktion bemerkt hätte, hätte man sie wohl eher nicht in Frage gestellt.
Am 8. November sah sich FTX einer Liquiditätskrise gegenüber, die ein Eingeständnis einer Insolvenz zur Folge hatte, nachdem man noch Stunden vorher behauptete keine Einlagen von Nutzern seien in Gefahr und man hätte eine vollständige Reserve der Nutzergelder zur Verfügung. Wie konnte sich das Blatt so schnell wenden?
Wie kam es zur aktuellen Situation?
Die schlüssigste Theorie ist eine wilde Geschichte, die uns zurück zum Beginn des Jahres und dem LUNA-Crash führt. Ein Crash, der die Insolvenzen der Lending-Anbieter Celsius und Voyager, sowie des Crypto Hedgefonds 3AC zur Folge hatte. Alameda Research war mutmasslich ebenfalls involviert in den Untergang des Unternehmens, welches der noch immer flüchtige Do Kwon aufgebaut hatte.
Aus dieser Situation entstand nach heutigem Stand das Problem von FTX. Alameda Research hätte vermutlich einen grossen Teil der FTT-Token auf ihrer Bilanz verkaufen müssen, um die Verluste aus dem LUNA-Debakel zu bezahlen. Dies hätte jedoch den sowieso schon angeschlagenen FTT-Token weiter in die Knie gezwungen und eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt. Aus diesem Grund wurde der Verlust mutmasslich im Juni durch FTX ausgeglichen, um den Preis des eigenen Tokens zu stabilisieren. Hier wird zu klären sein, ob diese Gelder aus den Einlagen der Nutzer stammten. Das wäre nämlich rechtswidrig gewesen.
An dieser Stelle erinnern wir uns an die Transaktion vom 28. September. An diesem Tag hat Alameda wohl seine Schulden bei FTX beglichen, da an diesem Tag gesperrte FTT-Token aus dem ICO in 2019 automatisch freigegeben wurden. Als frühe Investoren in FTT wurde dieser Betrag an Alameda Research ausgezahlt und wiederum sofort an FTX weitergeleitet.
FTX hatte im Nachgang der Implosion von Voyager und Celsius Mitte des Jahres noch Stärke zeigen wollen und machte damals Angebote zum Kauf der insolventen Dienstleister. Diese wahrgenommene Stärke sollte wiederum den FTT-Token stärken. Dennoch fiel der Token im Laufe des Jahres weiter und in Verbindung mit den anderen Ausgaben und der Marktlage gelangte FTX in eine Situation, in der die Liquidität massiv gefährdet war. Es wurde irgendwann eindeutig, dass man den Preis von 22$ für FTT halten musste, um genügend Sicherheiten für die Auszahlungen der Kunden bereitzuhalten.
Hier kommt nun Binance ins Spiel. Ein einfacher Tweet des Binance CEOs Changpeng Zhao mit der Ankündigung, die FTT-Bestände, die man aus einem frühen Investment in FTX erhalten hatte, zu verkaufen, sorgte für den endgültigen Kollaps des Preises. Nur zwei Tage später wurden die Auszahlungen bei FTX gestoppt und Sam Bankman-Fried musste öffentlich bei Zhao um Hilfe bitten. Am 8. November erklärte Zhao die angeschlagene Börse kaufen zu wollen. Nach heutigem Stand hat er sich von seiner Kaufabsicht aber zurückgezogen.
All diese Vorkommnisse führten dazu, dass momentan keine Auszahlungen von FTX möglich sind. Kunden warten vergeblich auf ihr Geld und es scheint von Stunde zu Stunde offensichtlicher zu werden, dass man bei FTX und Alameda Research zu viel Risiko eingegangen ist. Viele Analysten bezifferten das Risiko einer Insolvenz noch Stunden vor der Meldung als sehr unwahrscheinlich. Dies bewegte viele Nutzer dazu, ihre Gelder auf der Börse zu belassen.
Wie kann ich mich vor diesem Risiko schützen?
Der Absturz des FTT-Token auf mittlerweile unter 3 USD wurde in dem Moment zur selbst erfüllenden Prophezeiung als klar wurde, dass man einen bestimmten Preis halten müsste um die Liquidität von FTX aufrecht zu erhalten. Hier bedurfte es nur eines kleinen Auslösers, wie dem Tweet von Changpeng Zhao mit der Ankündigung des Verkaufs einer grossen Menge des fraglichen Tokens, um den Niedergang zu besiegeln. Dieses Vorgehen ist alles andere als üblich und vermutlich wusste der CEO des Marktführers Binance sehr genau, was er mit seiner Aussage auslösen würde. Dennoch war der Zeitpunkt sicherlich rein zufällig gewählt.
Die gute Nachricht in all dem Chaos? Um dich zukünftig vor den grössten Risiken zu schützen, braucht es lediglich zwei Dinge:
1. Bitcoin only
Wenn du keine Lust mehr hast auf intransparente Kryptowährungen, die massiv von einzelnen Personen willkürlich beeinflusst werden können, solltest du dich eingehender mit dem Thema Bitcoin beschäftigen. Damit vermeidest du in Zukunft intransparente Geschäftsmodelle.
Kein anderer Vermögenswert ist so leicht zu verifizieren und so sicher und zensurresistent selbst aufzubewahren. Jedes Altcoin Projekt führt auf eine zentrale Person, oder eine Gruppe zurück, die Entscheidungen im Netzwerk eigenverantwortlich treffen können. Im Endeffekt handelt es sich um Fintech-Projekte, die geltende Regulation am Aktienmarkt umgehen, um ihre Anteile als Kryptowährung an den Markt zu bringen. Die meisten Coins haben ausser der Funktion als Collateral (Sicherungsgegenstand) für sich selbst keinen Nutzen und sind somit hauptsächlich dazu da, um ihre Erfinder reich zu machen. Eine sehr bedenkliche Entwicklung.
2. Self-Custody
Oder auch: Ziehe deine Coins sofort von den Börsen ab. Kryptobörsen sind lediglich als Ort für den Handel gedacht. Gerade mit Bitcoin wurde uns ein unfassbares Tool für die persönliche finanzielle Freiheit an die Hand gegeben. Bitcoin ist Freiheits-Software im wahrsten Sinne. Du kannst deine Bitcoin selbst sicher Aufbewahren und bist dafür auf niemanden angewiesen. Du kannst jederzeit Zahlungen an jeden beliebigen Empfänger vornehmen und niemand kann diese zensieren.
All diese Rechte verlierst du, wenn du deine Vermögenswerte auf (teilweise unregulierten) Kryptobörsen liegen lässt. Geht die Börse Bankrott, siehst du deine Einlage voraussichtlich niemals wieder. Es gibt mittlerweile unzählige Beispiele. FTX war nur einer davon.
Fazit
Wer sich unsere 2 Tipps schon vor längerem zu Herzen genommen hat, wird sich im besten Fall nur Fragen, weshalb Bitcoin heute so günstig ist. Im Gegensatz zu vielen Nutzern auf der Welt, die vom FTX-Debakel betroffen sind, hätte man weder seine Einlagen verloren, noch derartig grosse Verluste hinnehmen müssen.
In jedem Event von diesen Ausmassen wird eine neue Generation Bitcoiner geboren, die die klaren Vorteile von Bitcoin gegenüber anderen Kryptowährungen durch eine oft teure Lektion erkennen. Sie erkennen, dass es nur bei Bitcoin wahre Souveränität gibt, dass es nur bei Bitcoin echte Sicherheit und Integrität gibt und dass nur Bitcoin wirklich dezentral ist und ohne profitgierige CEOs funktioniert. Sie erkennen, dass Bitcoin eben nicht Crypto ist. Neben der zu Grunde liegenden Technologie hat Bitcoin nichts mit dem Kryptosektor gemein.
Die kommenden Monate werden vermutlich hart werden – auch für Bitcoiner. Die Auswirkungen des Untergangs von FTX sind noch nicht absehbar. Viele Unternehmen, Hedgefonds und Pensionskassen waren in die gescheiterte Börse investiert, ganz zu schweigen von den unzähligen Privatinvestoren und Kleinanlegern. Es ist vielleicht das schwierigste Jahr für Bitcoin und den jungen Kryptosektor.
Das Makroökonomische Klima ist angespannt und die Gesetzgeber haben vermutlich auch mitbekommen, dass viele Kleinanleger durch unverantwortliche Geschäftspraktiken der Krypto-Unternehmen in Gefahr sind. Dazu kommt: Sam Bankman-Fried war das Aushängeschild der amerikanischen Kryptoszene. Mehrere Anhörungen im US-Senat in Fragen der Regulierung, Spenden für politische Parteien und massive Werbedeals im Sportbereich haben die Bühne sehr gross gemacht.
Also schnall dich an: Viele Insolvenzen und harte Regulierung werden Folgen, aber Bitcoin wird trotzdem einfach einen Block nach dem anderen produzieren.
Geniess die etwas holprigere BitcoinReise und bis zum nächsten Mal.