Bitcoin in Deutschland: Ein interessanter Gegensatz! 🇩🇪

Akzeptanz und Regulation, Steuern und Innovation: Kein anderes Land zeigt in Bezug auf Bitcoin einen interessanteren Gegensatz als Deutschland.

Bitcoin in Deutschland: Ein interessanter Gegensatz! 🇩🇪
"Einigkeit und Recht und Freiheit"

Dieser Dreiklang ist nicht nur die erste Strophe der deutschen Nationalhymne, sondern ziert auch den Rand der deutschen 2-Euro Münze.

Doch lassen sich diese Werte auch auf Bitcoin übertragen?

Schliesslich ist Deutschland einer der Gründungsstaaten der Europäischen Union (EU) und es ist ziemlich genau ein Jahr vergangen, nachdem die Europäische Zentralbank einen Blogartikel mit dem Titel Bitcoin´s last stand veröffentlichte. Ein Artikel, der behauptete, dass Bitcoin auf dem "Weg in die Bedeutungslosigkeit" ist.

Wir wollen herausfinden, wie es wirklich um den Bitcoin in Deutschland steht. Wie gross ist die Akzeptanz? Wie verhält es sich mit Regulationen und Steuern? Und was macht Deutschland in Bezug auf Bitcoin so besonders?

Eines vorweg: Die aktuelle Situation zeigt einen interessanten Gegensatz.

Akzeptanz

Aus der deutschen Medienlandschaft gibt es meist nicht viel Positives über Bitcoin zu hören. Vor kurzem wurden Beiträge mit den Titeln Klimakiller Bitcoin (FAZ) und Bitcoin benötigt so viel Wasser wie 660.000 Sportschwimmbecken (Spiegel) veröffentlicht. Die Daten dafür sind oft veraltet oder schlichtweg falsch. Viele deutschsprachige Bitcoin-Kanäle machen sich regelmässig daran, die Berichterstattungen richtig zu stellen.

In Deutschland wird die digitale Währung entsprechend immer noch in ein schlechtes Licht gerückt.

Auf der anderen Seite wurde Bitcoin bereits sehr früh als eine Art Vermögenswert akzeptiert und kann seit Ende 2019 über verschiedene BaFin-lizenzierte Anbieter erworben werden.

Deutschland stellte mit der ETC-Group zudem den ersten börsengehandelten Bitcoin Spot ETF weltweit. Der "Physical Bitcoin" mit dem Ticker BTCE kann seit Juni 2020 gehandelt werden und weist ein verwaltetes Vermögen von knapp 900 Millionen US-Dollar auf. Er ist nach Kanada damit der zweitgrösste Bitcoin Spot ETF der Welt.

Das Bezahlen mit Bitcoin und Lightning begrenzt sich in Deutschland meist auf vereinzelte Shops und Restaurants. Anders als in der Schweiz gibt es in Deutschland keine Region, die dem Bitcoin zugeneigter ist als in der restlichen Republik.

Was die Bürokratie angeht, hat Deutschland jedoch wie so oft die Nase vorn:

Regulation

Der Kryptowährungssektor wurde nämlich schon reguliert, bevor das EU-Parlament über Markets in Crypto-Assets Regulation (kurz: MiCAR) diskutierte. So mussten Unternehmen unter anderem Verwahrlizenzen bei der BaFin beantragen, wenn sie private Schlüssel im Auftrag von Kunden kontrollierten.

Im März 2022 wurde dann im europäischen Parlament das erste Mal über die MiCA-Regulierung an sich abgestimmt.

Damals enthielt diese noch den Vorschlag, Proof-of-Work basierte Kryptowährungen einzuschränken, was zu einem effektiven Verbot von Bitcoin geführt hätte.

Der Vorschlag wurde allerdings abgelehnt.

Dennoch hat der EU-Rat im Mai 2023 einstimmig für die MiCAR gestimmt. Deren neue Version handelte vor allem um Verbraucherschutz im Bereich Kryptodienstleister, Kategorisierung von Token, Vorgaben für Stablecoins und welche Behörden auf Länderebene mit der Aufsicht dieser Regelungen beauftragt werden.

Im selben Zuge hat das EU-Parlament auch Vorgaben zur Geldwäscheprävention (Transfer of Funds Regulation - TFR) zugestimmt. Die Verordnung verlangt von allen Kryptoanbietern, ihre Kunden zu identifizieren und jeden Transfer rückverfolgbar zu machen. Ausserdem werden sie verpflichtet, verdächtige Transaktionen zu verhindern, bzw. Vermögenswerte einzufrieren, wenn kriminelle Machenschaften dahinter stecken könnten.

Die Vorgabe für Geldwäscheprävention ist der grösste Kritikpunkt der Bitcoin Community.

Denn hier wird die Eigenschaft von Bitcoin untergraben, die es dem Nutzer erlaubt, anonyme Zahlungen durchzuführen. Anonyme Zahlungen, wie wir es bspw. vom Bargeld kennen.

Doch für Kryptodienstleister kommt noch mehr. Sie müssen sich nicht nur an geltendes EU-Recht halten. Für den Betrieb in Deutschland sind weitere Gesetze und Verordnungen einzuhalten: KMAG, KWG, ZAG, DORA, DAC8, FinmadiG und die Geldtransferverordnung.

Die einzelnen Bedeutungen wollen wir dir ersparen. Du verstehst, auf was wir hinaus wollen.

Community

Bitcoin definiert sich allerdings nicht dadurch, was Befürworter des aktuellen Establishments gerne aus ihm machen würden. Ein wichtiger Teil ist seine Community.

Und diese wächst in Deutschland immer weiter. So gibt es immer mehr Meetups, mehr Konferenzen und mehr Leute, die Wissensinhalte kreieren.

Aber nicht nur das.

Wenn man die deutsche Aktivität im Netzwerk in Zahlen messen möchte, sticht sofort die Anzahl aktiver Bitcoin Nodes ins Auge. Deutschland ist hinter den USA direkt auf Platz 2 und stellt Schätzungen zufolge weltweit ca. 10% aller Bitcoin Nodes.

Auch beim Mining muss sich Deutschland nicht verstecken. Trotz der hohen Energiekosten wird mit 3-5% der globalen Hashrate, regelmässig die Top 10 erreicht. Ein beachtlicher Teil der verwendeten Energie kommt dabei aus erneuerbaren Quellen. Um in der Schweiz auf dieselbe Hashrate zu kommen, müsste sich die Miningaktivität im Alpenland verhundertfachen!

Warum ist die Community in Deutschland so gross? Liegt es daran, dass das Land in Sachen Kryptowährungen ein Steuerparadies ist?

Steuern

Vielleicht.

Bitcoin wird seit 2013 in Deutschland als eine Art privates Geld gesehen und fällt deshalb in die Kategorie anderes Wirtschaftsgut. Der Verkauf von Bitcoin ist somit ein privates Veräusserungsgeschäft und unterliegt nicht der Abgeltungssteuer. Eine Steuer, die bei anderen Kapitaleinkünften (wie bspw. Aktien) erhoben wird.

Wie bei privaten Veräusserungsgeschäften üblich, unterliegt Bitcoin nur der einjährigen Haltefrist. Das heisst, die Gewinne aus einem Verkauf müssen nur versteuert werden, wenn der Coin weniger als 365 Tage gehalten und der Freibetrag von 600€ überschritten wurde.

Wenn die Frist nicht eingehalten wird, muss der Handel in der Steuererklärung geltend gemacht werden und der Gewinn wird mit dem persönlichen Steuersatz versteuert.

Ähnlich verhält es sich mit Gewinnen aus dem Bitcoin Mining.

Sofern es nicht mit dem Zweck der Gewinnerzielung betrieben wird, ist Mining nicht steuerpflichtig. Erst wenn der Profit realisiert – sprich, in Euro getauscht wird – unterliegt er einer Steuerpflicht. Aber auch nur, wenn die Haltefrist unterschritten wurde.

Falls es sich hingegen um ein gewerbliches Unternehmen handelt, müssen auf Mining-Gewinne Gewerbe- und Einkommenssteuern bezahlt werden.

Bitte beachte:
Wir sind keine Steuerberater. Unsere Aussagen sollten immer kritisch hinterfragt und überprüft werden. Für eine rechtsverbindliche Beratung konsultierst du am besten einen Steuerberater.

Innovation

Ob Maschinenbau, Anlagentechnik oder das Automobil, Deutschland gehört seit Jahrzehnten zu den grössten Innovationsführern in Sachen Technik. Bei der Adoption von neuen Technologien, insbesondere in der digitalen Transformation, zeigt sich Deutschland jedoch überaus Träge.

Zunehmende Regulierungen und Gesetze gegenüber Bitcoin bringen nicht nur Vorteile wie Verbraucherschutz mit sich. Sie können Unternehmen ebenfalls abschrecken. So ist es durch den hohen Bürokratieaufwand und die verschärften Eintrittsbarrieren gut möglich, dass Krypto-Unternehmen ihren Sitz nicht in Deutschland bzw. in der EU wählen.

Vor lauter Spielregeln sollte man nicht vergessen, dass Bitcoin weltweit existiert.

Jede Regulation schränkt die Konkurrenzfähigkeit ein und kann auf lange Sicht dazu führen, das ein Land den Anschluss verliert.

Was macht nun Deutschland in Bezug auf Bitcoin so besonders?

Deutschland ist eigentlich sehr Bitcoin freundlich.

Handel und Besitz wurden früh legalisiert. Steuern gibt es nach der Haltefrist nicht. Und die Community ist wohl deutlich aktiver als in anderen Ländern.

Dennoch schafft es Bitcoin noch nicht, ausserhalb der Community positiv aufzufallen. Medien berichten meist schlecht über ihn und neue Regulationen könnten die Innovationskraft von Deutschland weiter eindämmen.

Es sieht nicht so aus, als würden die Leute an der Spitze Bitcoin mit offenen Armen empfangen. Vor allem nicht in der Zukunft.

Bitcoin muss sich entsprechend im Land von unten nach oben durchsetzen.

Ob ihm das gelingt? Keine Ahnung. Aber Bitcoin ist in Deutschland wohl das perfekte Beispiel einer wachsenden Graswurzelbewegung.

"Für das deutsche Vaterland"