Difficulty Adjustment: Warum Bitcoin selbst bei $1.000.000 nicht mehr Coins erzeugt

Selbst bei einem Bitcoin-Preis von $1.000.000 können nicht mehr Coins erzeugt werden. Grund dafür ist das Difficulty Adjustment. Ein Mechanismus, der genialer nicht sein könnte.

Difficulty Adjustment: Warum Bitcoin selbst bei $1.000.000 nicht mehr Coins erzeugt

Stell dir vor, Kaffee wird so begehrt, dass der Preis für eine Packung auf eine Million Dollar steigt. Ich weiss, das hört sich unrealistisch an. Aber nehmen wir an, es kommt tatsächlich dazu: Eine Million Dollar für eine Packung Kaffee.

Was würde passieren?

Die Antwort ist ziemlich einfach: Menschen auf der ganzen Welt würden versuchen, Kaffee zu produzieren. Bauern würden zusätzliche Flächen bepflanzen, Röstereien würden rund um die Uhr arbeiten und Händler würden neue Lieferketten aufbauen.

Die gestiegene Nachfrage würde irgendwann ein höheres Angebot schaffen. Und das höhere Angebot würde dann den Preis wieder runter drücken.

Dieses Gleichgewicht stellt sich immer wieder ein.

Das gilt für alle Güter: Steigen die Ölpreise, werden Unternehmen mehr Löcher in den Boden bohren. Steigt die Nachfrage nach Immobilien, werden neue Häuser entstehen. Und steigt der Preis für Rindfleisch, werden mehr Kühe gezüchtet und geschlachtet.

Nur bei einem einzigen Gut läuft es anders: Bitcoin.

Selbst bei einem Preis von 1.000.000 US-Dollar können nicht mehr Coins erzeugt werden.

Bitcoin Difficulty Adjustment einfach erklärt

Bitcoin ist einzigartig. Neue Coins entstehen nach einem festen Takt: ungefähr alle zehn Minuten.

Egal, ob der Preis bei 1 US-Dollar oder bei 1.000.000 US-Dollar steht, die Geschwindigkeit der Ausgabe verändert sich nicht. Die Produktion hat keinen Einfluss auf das Angebot.

Das klingt zunächst paradox. Schliesslich bedeutet ein steigender Preis, dass mehr Miner ihre Computer einschalten. Doch hier liegt der Denkfehler: Mehr Miner bedeuten nicht, dass mehr Blöcke entstehen. Mehr Rechenleistung bedeutet nicht, dass mehr Coins erzeugt werden.

Grund dafür ist das Herzstück von Bitcoin: das Difficulty Adjustment.

Lass es mich kurz erklären.

Bitcoin ist so programmiert, dass im Durchschnitt alle zehn Minuten ein Block gefunden wird. In jedem Block steckt eine Belohnung. Aktuell sind es 3,125 Bitcoin. Diese Belohnung motiviert Miner, die Rechenleistung ihrer Computer einzusetzen und Aufgaben zu lösen. Der Miner, der die Aufgabe als Erster richtig löst, darf die Transaktionen der Nutzer in einem Block zusammenfassen und an den vorherigen anhängen. So entsteht die Blockchain.

Alle 2.016 Blöcke – also etwa alle zwei Wochen – überprüft das Netzwerk, wie schnell die Miner Blöcke gefunden haben. Waren sie schneller als geplant, zieht das Protokoll die Schrauben an. Es erhöht die Mining-Schwierigkeit. Damit werden die zu lösenden Aufgaben schwerer. War die durchschnittliche Blockzeit hingegen länger als erwartet, werden die Aufgaben einfacher. Dadurch reguliert sich die Geschwindigkeit selbst. Bis wir wieder bei zehn Minuten pro Block landen.

Was viele nicht wissen: Die Schwierigkeitsanpassung ist nicht unendlich flexibel. Pro Zyklus darf sie sich maximal vervierfachen oder vierteln. So vermeidet Bitcoin extreme Ausschläge, selbst wenn plötzlich gigantische Mengen Rechenleistung ab- oder zugeschaltet werden.

Insgesamt sorgt der Mechanismus dafür, dass die geballte Rechenleistung in ein synchrones Uhrwerk verwandelt wird. Ganz gleich, ob ein paar Tausend oder ein paar Millionen Computer am Werk sind, der Takt bleibt gleich. Bitcoin bleibt stur bei seiner Vorgabe. Nicht ein Block mehr. Und nicht ein Coin extra.

Die Ausgabe neuer Bitcoin ist damit allein von der Zeit abhängig, nicht von der Anzahl der Produzenten.

Das ist eine radikale Abkehr von allem, was wir bisher kennen.

Was macht das Difficulty Adjustment so revolutionär?

Angenommen, Kaffee hätte denselben Mechanismus.

Bauern könnten so viele Felder bepflanzen, wie sie möchten, und Röstereien könnten so viele Maschinen anschaffen, wie sie wollen – die Gesamtmenge an produziertem Kaffee bliebe identisch. Nur die Schwierigkeit des Anbaus oder der Verarbeitung würde steigen.

Oder denk an Immobilien: Selbst wenn die Preise ins Unermessliche klettern, dürften nicht mehr Häuser entstehen. Stattdessen müssten die Bauarbeiter immer dickere Mauern errichten oder schwereres Gestein durchbrechen, nur um die gleiche Anzahl neuer Häuser pro Monat fertigzustellen.

Ziemlich schwer vorstellbar, oder?

Vielleicht erkennst du jetzt auch, warum kaum jemand Bitcoin versteht.

Das digitale Geld ist ein Bruch mit der alten Welt. Es ist das erste Gut in der Menschheitsgeschichte, dessen Angebot völlig unelastisch ist. Kein Preisanstieg kann das Gesamtangebot erhöhen.

Und genau diese Knappheit sorgt dafür, dass der Preis langfristig steigt. Es entsteht ein selbstverstärkender Kreislauf: Ein höherer Preis führt zu mehr Aufmerksamkeit. Mehr Aufmerksamkeit zieht eine höhere Nachfrage nach sich. Und eine höhere Nachfrage wiederum treibt den Preis.

Da es nicht möglich ist, das Angebot zu erhöhen, wiederholt sich dieser Kreislauf immer wieder.

Difficulty Adjustment in Aktion

Dass dieses System funktioniert, hat die Vergangenheit mehrfach bewiesen.

2017 schoss der Bitcoin-Preis in die Höhe. Mehr Miner stiessen zum Netzwerk hinzu und stellten ihre Geräte auf. Klar, jeder wollte davon profitieren. Anstatt 20.000 US-Dollar war die Blockbelohnung auf einmal 300.000 US-Dollar wert. Was passierte also? Mehr Rechenleistung floss ins Netz, und die Hashrate sowie die Sicherheit stiegen. Doch die Blockzeit blieb gleich. Ein Block alle zehn Minuten.

Das Netzwerk passte sich an, ohne dass jemand eingreifen musste.

Im Sommer 2021 lieferte China das wohl eindrucksvollste Beispiel. Die Regierung verbot Mining innerhalb ihrer Grenzen und über Nacht brach die Hälfte der Rechenleistung weg. In jedem anderen System hätte so ein Schock zum Kollaps geführt.

Bitcoin passte jedoch nach ein paar Wochen die Mining-Schwierigkeit an. Sie sank um knapp 28%, und alles lief weiter. Als wäre nichts geschehen.

Heute ist der Einbruch auf dem Hashrate-Chart kaum mehr zu erkennen.

Einbruch Hashrate durch das China Mining Verbot
Einbruch Hashrate durch das China Mining Verbot

Bitcoin Difficulty Adjustment = Stabilität

Manche nennen das Difficulty Adjustment die genialste Innovation des gesamten Protokolls. Denn ohne diese Anpassung wäre Bitcoin längst gescheitert. Miner hätten das Netzwerk geflutet, die Geschwindigkeit der neuen Blöcke wäre explodiert, und ein Geld mit einem vorgegebenen Ausgabeplan wäre nur eine Illusion geblieben.

Stattdessen erleben wir etwas völlig Neues: Ein Geld, das sich selbst reguliert. Nicht durch Menschen, sondern durch Mathematik.

  • Alle zehn Minuten ein Block.
  • Alle 2.016 Blöcke eine Anpassung.
  • Und am Ende eine feste Obergrenze, die nie überschritten wird: 21 Millionen.

Je länger man darüber nachdenkt, desto klarer wird: Der Preis spielt keine Rolle. Ob ein Bitcoin 1 US-Dollar oder 1.000.000 US-Dollar kostet, an den Grundpfeilern ändert sich nichts.

Genau darin liegt die Botschaft.

Sein Preis mag schwanken. Sein Kurs mag durch Höhen und Tiefen rauschen. Doch sein System bleibt stabil. Sein Angebot bleibt gleich.

Und das macht Bitcoin so faszinierend.